Führungsstile im Einkauf
Der permanente Wandel der Welt, die fortschreitende Digitalisierung und Veränderungen im Einkauf führen dazu, dass sich die Anforderungen an Führungskräfte sowie an Mitarbeitende verändert haben. Entsprechend sollten sich auch Führungsstile wandeln. Doch stellt sich die Frage, ob die klassischen, eher autoritär-hierarchischen Führungsstile wirklich veraltet sind und ob die agilen Führungsstile in der Praxis genauso idealistisch sind, wie die Theorie meinen lässt. Eine qualitative Studie der Hochschule München hat sich diesen Fragen mit speziellem Fokus auf den Einkauf gewidmet.
Was sind klassische Führungsstile und wo liegt der Unterschied zu agilen Führungsstilen?
Im 19. und 20. Jahrhundert haben Kurt Lewin und Max Weber bekannte Führungskonzepte verfasst, welche als „klassische“ Führungsstile gelten. Charakteristika dieser Führungsstile sind unter anderem „Top-Down-Prinzip“ und alleinige Befugnis bei Entscheidungen für Führungskräfte, Gebundenheit an Gesetze und Vorschriften und strukturierte Arbeitsabläufe.
Agile Führungsstile dagegen werden als dynamischer und flexibler als die klassischen Führungsstile charakterisiert. Es wird mehr auf die Bedürfnisse der Mitarbeitende eingegangen. Dabei werden sowohl ihre Stärken genutzt als auch ihre Potenziale gefördert und somit voll ausgeschöpft.
Einflussfaktor 1 bei der Wahl des Führungsstils: Erfahrung und Charakter der Führungskraft
Sowohl positive als auch negative Erfahrungen beeinflussen die Wahl des Führungsstils. Diese werden dann übernommen, wenn sie als gut empfunden oder positive Erfahrungen mit ihnen gemacht wurden. Im Umkehrschluss werden Führungsstile, mit denen man schlechte Erfahrungen gemacht hat, tendenziell nicht übernommen. Die in der Studie befragten Experten gaben an, ihre Mitarbeitende auf eine kooperative, adaptive und agile Art zu führen. Sie selbst haben jedoch eher autoritäre und bürokratische Führungsstile erlebt – sozusagen die „klassischen“ Einkaufstugenden. Dabei empfanden die Befragten ein Umfeld mit geringer Flexibilität, wenig Freiräumen und einem autoritären Führungsstil als negativ. Auch der eigene Charakter fließt unbewusst in den eigenen Führungsstil ein. Personen, die beispielsweise sehr genau und gewissenhaft arbeiten, erwarten dieses Verhalten auch von ihren Mitarbeitenden.
Einflussfaktor 2 bei der Wahl des Führungsstils: Mitarbeitende
Der Faktor Mensch spielt bei der Entwicklung und Neuausrichtung des Einkaufs eine wichtige Rolle: Der Wandel muss durch den Mitarbeitende umgesetzt werden. Doch Veränderungen bringen Unsicherheit und Unklarheit mit sich. Personen gehen unterschiedlich mit solchen Situationen um, weshalb sowohl eine individuelle und empathische Führung als auch Menschenkenntnisse wichtig sind. Die Individualität der Mitarbeitenden erschwert jedoch eine universelle Art der Führung und Unterstützung. Jüngere Teammitglieder beispielsweise bringen gegenüber neuen IT-Tools häufig mehr Intuition mit als ältere. Andererseits haben ältere Mitarbeitende mehr Erfahrungen und brauchen entsprechend weniger Führung als jüngere, um bekannte Aufgaben zu lösen. Klare Ziele sind also eher notwendig, um unerfahrene Mitarbeitende leiten zu können. Sie können aber als autoritär empfunden werden.
Was nun?
Die klassische Führungsrolle hat sich verändert – die Einkaufsleitung agiert nun mehr als Mentor, um seine Mitarbeitenden individuell zu fördern und zu motivieren. So scheinen die agilen Führungsstile bereits weitestgehend durch Führungskräfte angewendet zu werden. Es gilt jedoch eine gewisse Vorsicht zu bewahren. Bestimmte Entscheidungen können nur von einer Person getroffen werden und einige Themen bieten auch keinen Diskussionsraum, da ein rechtlicher Rahmen vorgegeben ist. Gerade der Einkauf ist an rechtliche Regelungen gebunden. Daher sollten auch weiterhin bis zu einem gewissen Punkt klassische Führungsstile angewendet werden. Die Vorteile der jeweiligen Führungsart spiegeln auch die Charakteristika wider, auf die fokussiert werden sollte.
Die Abwägung, welche Führungsart nun Anwendung findet, ist Unternehmens und Menschen abhängig und ist genauso individuell wie die Führung selbst. Dennoch scheint abschließend klar: Mit der Dynamisierung des Einkaufs müssen sich auch die Führungsstile wandeln.
Die Studie wurden im Rahmen des Moduls „Führung im Einkauf“ bei Prof. Dr. Florian C. Kleemann im Master-Studiengang „Digital Procurement & Supply Management“ erhoben.
Autoren: Inès Vollmer, Naomi Brandl, Tim Widmann
Bildquelle: Pixabay
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