Dr. Lena Eisenhut

Im Zuge der BME-Porträtreihe „Leading Ladies in Procurement" gibt Dr. Lena Eisenhut, Einkaufsleiterin bei HANSA-FLEX AG, im folgenden Interview Einblicke in ihren Werdegang.
Veröffentlicht am 07.08.2023

Position: Einkaufsleiterin
Unternehmen: HANSA-FLEX AG

Was hat Sie in den Einkauf geführt?

Erste Erfahrungen als Einkäuferin konnte ich im Rahmen der Projektphase zum Aufbau einer neuen Produktionslinie für die Produktion von LKW-Vorderachsen und LKW-Kurbelwellen bei der thyssenkrupp Gerlach GmbH gewinnen. Im Rahmen dieses Großprojektes habe ich, in Zusammenarbeit mit einem Einkäufer des thyssenkrupp Headquaters in Essen, Anlagen und Maschinen für die neue Produktionslinie beschafft. Die Beschaffung beinhaltete dabei sowohl den technischen Part als auch die Durchführung entsprechender kommerzieller Verhandlungen und Vergaben.

Als Führungskraft im Einkauf haben Sie sicherlich eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten. Könnten Sie uns einen Einblick in Ihren Verantwortungsbereich geben und welche besonderen Aufgaben oder Projekte Sie derzeit bearbeiten?

In meiner Rolle als Leiterin des Zentraleinkaufs der HANSA-FLEX AG mit der Leitung der Teams des direkten und indirekten Einkaufs unterstützen mich meine beiden Teamleiter, insbesondere mit dem Fokus der Steigerung der Effizienz beider Teams durch entsprechende Mitarbeiter Weiterbildung und -Entwicklung sowie durch die Einführung neuer digitaler Tools. Auch die Sicherung und der Transfer des vorhandenen Wissens wird neben der Findung von Nachwuchskräften in den kommenden Jahren ein Fokus unserer Arbeit sein.
Eine weitere zentrale Aufgabe liegt für mich darin, in den nächsten Monaten und Jahren insbesondere den Bereich des strategischen Einkaufs durch die Bildung eines eigenen Teams auf- und auszubauen.
Der Austausch und die Harmonisierung mit den anderen Einkaufsbereichen unserer verschiedenen Produktionsbereiche in Deutschland und der Auslandsgesellschaften sowie der Ausbau der Zusammenarbeit mit dem inländischen und ausländischen Vertrieb sind ebenfalls Kernthemen meiner Arbeit.

Empowerment passiert durch Begegnungen. Gibt es bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, die Sie persönlich beeinflusst haben?

So klischeehaft es klingen mag: mein größtes Vorbild und meine größte Inspirationsquelle in dem, was ich insbesondere beruflich erreichen wollte und konnte, ist meine Mutter. Ihre Förderung und ihr Vorbild als arbeitende und alleinerziehende Mutter hat mich zu den Leistungen getrieben, welche mich letztlich zu meinem bisherigen beruflichen Erfolg gebracht haben. Sie hat meiner Schwester und mir früh beigebracht, dass Unabhängigkeit und Eigenständigkeit in persönlicher, aber auch in finanzieller Hinsicht essenziell wichtige Errungenschaften sind.

„Sie als Frau…“, war das bisher in Ihrer Karriere ein Thema?

Ja und nein. Da ich bereits durch mein Studium sowie in folgenden beruflichen Tätigkeiten in einem sehr männerdominierten Umfeld tätig war und mich dort immer gut behaupten konnte, hat es für mich bisher nie eine große Rolle gespielt. Ich kann nicht behaupten, dass das Thema „ich als Frau“ meine Karriere bisher negativ beeinflusst hat. Viel mehr habe ich den Eindruck gewonnen, dass es für viele meiner männlichen Kollegen und Vorgesetzten immer noch eine große Rolle spielt und in der Vergangenheit gespielt hat, mit einer weiblichen erfolgreichen Ingenieurin und Führungskraft zusammenzuarbeiten.
Viele halten den Umstand „ich als Frau“ für durchaus erwähnens- und betonenswert. Zwar im positiven Sinne, dennoch wünsche ich mir, dass der Fokus weniger auf mich „als Frau” und mehr auf meine Arbeit und meine Erfolge gesetzt wird. 

Welche Werte spielen in Ihrem Leben eine große Rolle?

  1. Selbst-(Vertrauen)
  2. Verlässlichkeit
  3. Authentizität
  4. Erfolg

Was würden Sie sich in puncto Frauenförderung von Entscheidungsträgern und der Politik wünschen?

  • Ich würde mir wünschen, dass keine Frau sich aufgrund der (finanziellen) Rahmenbedingungen zwischen Familie und beruflichem Erfolg entscheiden muss.
  • Meiner Ansicht nach braucht es keine vorgegebenen Frauenquoten. Vielmehr braucht es gezielt die gleiche Förderung und Chancen auf Bildung für Frauen und Männer, Jungen und Mädchen, und den vollen Rückhalt für Eltern, um Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen, um so die Lücke zwischen der Anzahl an beruflich sehr erfolgreichen Männern und Frauen zu schließen. 
  • Eine faire und gleiche Bezahlung von Beschäftigten unabhängig vom Geschlecht.

Würden Sie sich mehr Führungspositionen in Teilzeit im Einkauf als sinnvoll empfinden, um mehr Frauen auf C-Level zu bringen?

Ja, unbedingt! Frauen in Führungspositionen müssen unbedingt von Ihren Vorgesetzten und Unternehmen die Möglichkeit, den Rückhalt und vor allem die Ressourcen bekommen, um in Teilzeit zu arbeiten und/oder eine Familie zu gründen. Zum Glück kann ich behaupten, mit der HANSA-FLEX AG ein Unternehmen gefunden zu haben, welches sein Vertrauen in mich als „weibliche Führungskraft Anfang 30“ setzt und das Thema „Familie“ ganz offen willkommen heißt, unabhängig davon, wie sich die nächsten Jahre diesbezüglich entwickeln.

Was war bisher ihr größtes Abenteuer?

Mein größtes berufliches Abenteuer war vermutlich die Übernahme der stellvertretenden Gesamtleitung des Großprojekts zum Aufbau der neuen Produktionslinie bei thyssenkrupp Gerlach GmbH. Bereits nach vier Monaten als Trainee in der Werkstoffabteilung hat mir der damalige Geschäftsführer enormes Vertrauen geschenkt, indem er mich zum Teil des Projektteams machte. Sicherlich waren die folgenden dreieinhalb Jahre eine intensive, durchaus anstrengende und sicherlich auch teilweise recht abenteuerliche Zeit. Die persönliche Entwicklung, die ich durch diesen beruflichen Schritt machen konnte, wäre mir zu dieser Zeit so aber an keiner anderen Stelle möglich gewesen. Das hat mir das Selbstvertrauen in mich und meine Fähigkeiten gegeben, auch den nächsten Schritt, nämlich den Wechsel zur HANSA-FLEX AG nach Bremen in die Einkaufsleitung und damit auch „raus aus dem Saarland“ und dem gewohnten beruflichen Umfeld zu wagen.

Was planen Sie für das nächste Jahr?

Wir (mein Partner und ich) planen für das nächste Jahr, richtig in Bremen anzukommen. Aufgrund unserer neuen beruflichen Tätigkeiten und des Umzugs nach Bremen blieb bisher wenig Zeit, um die Stadt und die Umgebung intensiv kennenzulernen.

Zum Abschluss: Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern mitteilen möchten, insbesondere anderen Frauen, die im Einkauf erfolgreich sein wollen?

Mein Tipp ist, sich zuallererst selbst frei von Rollenklischees zu machen: sich selbst treu und vor allem authentisch zu bleiben und sich nicht in irgendwelche Rollenbilder zu zwängen oder zwängen zu lassen. Wer dies schafft, hat meiner Ansicht nach die beste Chance darauf, im Privaten und Beruflichen erfolgreich zu sein, und zwar unabhängig vom Geschlecht.

Kurzprofil:

Ich bin 32 Jahre alt und arbeite seit Februar 2023 als Einkaufsleiterin bei der HANSA-FLEX AG in Bremen. Zuvor habe ich 31 Jahre im Saarland gelebt. An der Universität des Saarlandes habe ich Materialwissenschaft und Werkstofftechnik im Bachelor und Master studiert und im Anschluss daran im Rahmen eines Kooperationsprojekts mit der Firma Dillinger promoviert. In den Jahren 2019 bis 2022 war ich für die thyssenkrupp Gerlach GmbH, einem saarländischen Schmiedeunternehmen, unter anderem in den Bereichen Projektmanagement und Projekteinkauf tätig. Mein jetziges Unternehmen, die HANSA‑FLEX AG, ist ein globales Familienunternehmen und einer der weltweit führenden Systempartner für Fluidtechnik. Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir mit über 4 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in 40 Ländern rund 570 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Ich leite dort die beiden Teams des direkten und indirekten Einkaufs mit insgesamt 18 Mitarbeitern.

Foto: Dr. Lena Eisenhut

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