Katrin Reger

Im Zuge der BME-Porträtreihe „Leading Ladies in Procurement" gibt Katrin Reger, Director Purchasing Electronics and Mechanics bei Balluff GmbH, im Interview Einblicke in ihren Werdegang.
Veröffentlicht am 07.08.2023

Position: Director Purchasing Electronics and Mechanics
Unternehmen: Balluff GmbH

Was hat Sie in den Einkauf geführt?

Zugegebenermaßen hatte ich den Einkauf anfangs überhaupt nicht im Fokus meines beruflichen Weges. Meine Karriere habe ich im Finance-Bereich begonnen, allerdings haben das Aufgabengebiet, für das ich verantwortlich war, und die damalige Organisation dieses Bereiches nicht zu mir gepasst, so dass ich recht schnell entschieden habe, mich intern zu verändern. Das hat mich dann glücklicherweise zum Einkauf geführt eine sehr gute Entscheidung, wie sich recht schnell herausgestellt hat, und über die ich immer noch dankbar bin.

Als Führungskraft im Einkauf haben Sie sicherlich eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten. Bitte beschreiben Sie uns Ihren Verantwortungsbereich oder Projekte, an denen Sie derzeit arbeiten.

Wir meine Teams und ich – sind für den strategischen Einkauf von mechanischen und elektronischen Komponenten bei Balluff weltweit verantwortlich. Ganz klassisch gesprochen ist unser Ziel, Balluff mit dem richtigen Material, zu den besten Kosten, in der für uns richtigen Qualität zu versorgen, damit Balluff entsprechend wachsen kann. Dies beinhaltet Aufgaben wie Materialgruppenmanagement mit Sourcing-Strategien, Supplier Partnership Management and Development, Purchasing Marketing and Scouting, Business Continuity Management sowie Organisationsentwicklung unter Berücksichtigung der Teamkompetenzen und Skills – all das global in analoger oder digitaler Form. Somit habe ich einen sehr breiten und abwechslungsreichen Verantwortungsbereich mit vielen Schnittstellen intern und extern, mit der einen oder anderen Herausforderung, so dass es immer spannend ist und Spaß macht. Hierzu trägt natürlich auch bei, dass wir ein tolles Team sind und bei Balluff eine sehr offene und moderne, aber dennoch familiäre Unternehmenskultur herrscht.

Empowerment passiert durch Begegnungen. Gibt es bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, die Sie persönlich beeinflusst haben?

Nein, bestimmte Vorbilder gibt es nicht. Aber es gibt natürlich Personen, die mich und mein Handeln auf meinem persönlichen und beruflichen Lebensweg nachhaltig geprägt und beeinflusst haben – bei den Eltern angefangen, dem ersten Lehrer, über Studienkollegen oder beeindruckenden Persönlichkeiten im Geschäftsleben – positive wie auch negative Begegnungen. Menschen, die mich lange begleitet haben oder auch Personen, mit denen ich nur eine Begegnung - vielleicht sogar nur indirekt hatte. Ich denke, nahezu jede Begegnung ist auf ihre Art inspirierend und man nimmt oftmals einen Impuls mit.

Sie als Frau…“, war das bisher in Ihrer Karriere ein Thema?

Ganz eindeutig nein, zumindest nicht im benachteiligenden Sinne. Oder vielleicht habe ich es nicht bewusst wahrgenommen, weil es für mich persönlich kein Thema ist und ich mich als Frau im beruflichen Umfeld nicht benachteiligt fühle. Ich wurde immer gefördert, so wie meine Kollegen auch – unabhängig ob Mann und Frau. Im Einkauf bei Balluff waren wir schon immer eine gute Mischung aus Männern und Frauen, auch auf Führungsebene. Ich finde Diversität sehr wichtig und auch sehr bereichernd, wenn nicht sogar ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Unternehmen – Geschlecht ist hier nur Aspekt, obwohl dieser meist vermeintlich im Fokus von Diversität steht.

Welche Hürden und Herausforderungen sind Ihnen im Laufe Ihrer Karriere begegnet?

In 20 Jahren Berufserfahrung sind mir durchaus einige Herausforderungen begegnet – ich glaube, die größte gleich zu Beginn meiner Karriere. Damals hatte ich eine Führungskraft mit einem sehr autoritären Führungsstil. Frisch aus dem Studium kommend empfand ich dies sehr ernüchternd, demotivierend und als sehr belastend. Zum damaligen Zeitpunkt habe ich natürlich versucht, die Situation mit der Führungskraft zu ändern, fühlte mich aber aufgrund meiner geringen Erfahrung recht hilflos. Unter anderem aufgrund dieser Führungskraft habe ich mich verändert. Mit einigem Abstand gesehen war diese Erfahrung aber sehr bereichernd und hilfreich für mich und sie zählt somit auch zu einer meiner Inspirationsquellen, denn es hat unter anderem meinen Führungsstil entsprechend beeinflusst. Ich setze heute auf eine offene und transparente Kommunikation und versuche eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle trauen, innovative Ideen einzubringen oder auch Themen offen zu diskutieren.

Welche Werte spielen in Ihrem Leben eine große Rolle?

Verlässlichkeit, Ehrlichkeit, Treue, Offenheit, Authentizität und Kreativität. Natürlich könnte ich die Liste entsprechend unendlich verlängern, aber das sind für mich die wichtigsten Werte, privat wie beruflich. Man sollte meiner Ansicht nach das tun, was man sagt, und eben auch andersrum, sagen was man tut – auch wenn es vielleicht mal unangenehm ist oder eben vielleicht mal anders ist als die vermeintliche Erwartung.
Vor einiger Zeit wurde ich mit Pippi Langstrumpf verglichen und ich habe einige Zeit darüber nachgedacht, ob ich das als Kompliment annehme oder nicht. Im Urlaub habe ich jetzt das Buch meiner Nichte vorgelesen und interpretiere für mich Pippi als positiven, mutigen, aktiven, hilfsbereiten, neugierigen und ehrlichen Charakter, der auch ein wenig rebellisch ist. Somit ja, ein bisschen Pippi steckt in mir.

Was würden Sie sich in puncto Frauenförderung von Entscheidungsträgern und der Politik wünschen?

Es gibt viele Mittel und Wege, Frauenförderung zu gestalten. Ich bin nicht unbedingt ein Fan davon, das über irgendwelche vorgegebenen Quoten zu tun, denn das schwappt meiner Ansicht nach gern ins Negative und erfüllt dann nicht mehr den gut gemeinten Gleichstellungsansatz, denn Gleichstellung funktioniert in beide Richtungen und bedeutet, dass eben dann nicht nur Frauen befördert werden können. Wo ich auch heute noch großen Handlungsbedarf sehe, ist in der Schaffung fairer Einkommensperspektiven und der Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie durch zum Beispiel mehr Kinderbetreuungsplätze oder durch flexible Arbeitszeitmodelle. Und da sollten Politik und Unternehmen gleichermaßen verantwortlich sein.
Ich meine auch, dass Frauen oftmals der Mut fehlt, sich zum Beispiel auf Positionen mit Führungsverantwortung zu bewerben. Dieses „sich trauen“ sollten wir alle in Unternehmen ebenso fördern.

Wären mehr Führungspositionen in Teilzeit wünschenswert, um mehr Frauen auf C-Level im Einkauf zu haben?

Manchmal glaube ich, es gibt in vielen Firmen generell noch ein tradiertes Rollenverständnis von Führungskräften und bereits die Einhaltung der vollen vertraglichen Arbeitszeit, ohne extra Stunden darüber hinaus, wird als Teilzeitarbeit angesehen. Wenn Unternehmen jedoch flexible Arbeitszeitmodelle anbieten, dann sollten meiner Ansicht nach ebenso Führungspositionen in Teilzeit ausübbar sein. Argumente dagegen, wie etwa, dass eine entsprechende Erreichbarkeit für Mitarbeiter gewährleistet sein muss, lasse ich nur bedingt gelten, denn sind wir mal ehrlich: Auch Vollzeitführungskräfte sind aufgrund von Meetings und Reisen nur bedingt für ihre Mitarbeiter erreichbar.
Zudem bin ich ein großer Fan von Tandems oder Jobsharing-Modellen in Führungspositionen. Wie immer klappt das natürlich nur, wenn die Chemie zwischen den Personen stimmt und sehr gut miteinander und den Mitarbeitern kommuniziert wird und die Verantwortlichkeiten klar definiert sind. Aber wenn dies der Fall ist, glaube ich, dass Unternehmen von solchen Modellen nur profitieren können, insbesondere, wenn solche Modelle auch auf C-Level-Positionen angewandt werden.

Was war bisher ihr größtes Abenteuer?

Ich sehe das ganze Leben an sich als ein großes Abenteuer und möchte mich da gar nicht auf einzelne Situationen festlegen.

Was planen Sie für das nächste Jahr?

Im Privaten ist das aktuell größte Projekt, das mich mit Sicherheit auch kommendes Jahr noch viel begleiten wird, ein Wohnanhänger: Wir bauen aktuell mehr oder weniger in Eigenregie einen Wohnanhänger nach unseren Vorstellungen, an dem wir im nächsten Jahr hoffentlich nicht nur weiter bauen und optimieren werden, sondern auch die eine oder andere Reise in Europa damit unternehmen werden.

Zum Abschluss: Was würden Sie Frauen, die im Einkauf erfolgreich sein wollen, gerne mit auf den Weg geben?

Authentisch sein und sich trauen – ein bisschen Pippi sein.

Kurzprofil:
 

Ich arbeite mit meinen Teams mit 13 Mitarbeiter:innen weltweit für die strategische Beschaffung von elektronischen und mechanischen Komponenten bei der Balluff GmbH, einem Unternehmen, das sich auf Sensor- und Automatisierungstechnik spezialisiert hat. Nebenbei bin ich seit knapp zehn Jahren auch ehrenamtlich im BME-Regionsvorstand der Region Stuttgart/Mittlerer Neckar aktiv. In meiner Freizeit reise ich gerne, koche, oder bin im Sommer in meinem Garten zu finden, im Winter auf der Skipiste – all das auch gern zusammen mit meiner Familie und Freunden. Balluff ist ein mittelständisches Unternehmen – seit vier Generationen familiengeführt, gegründet in Neuhausen auf den Fildern bei Stuttgart und gewachsen zu einem weltoffenen, führenden Global Player mit knapp 4000 Mitarbeitern.

Foto: Katrin Reger

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Bei Fragen steht unsere Kollegin Lu-Sophie Höflein (lu-sophie.hoeflein@bme.de) gerne zur Verfügung.