Ines Hoffmann

Im Zuge der BME-Porträtreihe „Leading Ladies in Procurement" gibt Ines Hoffmann, u.a. Project Lead SRM Germany bei KAEFER Industrie GmbH, Einblicke in ihren Werdegang.
Veröffentlicht am 07.08.2023

Position: Project Lead SRM Germany und Category Managerin im Zentraleinkauf & Local Key User Procurement
Unternehmen: KAEFER Industrie GmbH

Was hat Sie in den Einkauf geführt?

Das war der absolute Zufall und mein Weg war auch nicht geradlinig. Für ein Pädagogikstudium habe ich keine Zulassung erhalten und für Ingenieurstudiengänge war ein Jahr praktische Erfahrung Voraussetzung. Dieses eine Jahr habe ich im Feuerlöschgerätewerk in der Materialwirtschaft verbracht und war in der Beschaffung von Normteilen tätig. Nach dem Studium gab es einige Stationen ohne Einkaufsverantwortung, bevor ich 2004 die Aufgabe bekam, im reinen Holzhandel zusätzlich ein Trockenbausortiment zu integrieren. Seit 2008 bin ich in der KAEFER-Gruppe tätig und habe im technischen Einkauf, gekoppelt mit wechselnden Zusatzaufgaben, meine Berufung gefunden.

Als Führungskraft im Einkauf haben Sie sicherlich eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten. Könnten Sie uns einen Einblick in Ihren Verantwortungsbereich geben und welche besonderen Aufgaben oder Projekte Sie derzeit bearbeiten?

Als Category Manager arbeiten wir in einem kleinen Team auf Augenhöhe – auch mit unserem Teamleiter – sehr gut zusammen und haben die klassischen Aufgaben von Marktbeobachtung und Warengruppenanalyse über Lieferantenauditierung und Vertragswesen bis hin zum Reporting. In der Rolle als Key-User sind wir Ansprechpartner und Dienstleister für die Kollegen sowohl für Routineanforderungen als auch zur Problemlösung in den implementierten Software-Lösungen. Project-Lead bin ich für die Einführung der E-Procurement-Lösung SRM. Wir wollen unseren Mitarbeitern mit der Digitalisierung des Einkaufs mehr wertschätzende Verantwortung übertragen. Die Grundidee ist dabei, die operative Beschaffungstätigkeit an unsere Bau- und Projektleiter auszulagern, die den Bedarf haben (Bedarfsträger). Sie werden befähigt, sämtliche Standardmaterialien und damit weit über 80 Prozent aller Artikel selbstständig mit minimalem Arbeitsaufwand einzukaufen, und entlasten damit den operativen Einkauf, der perspektivisch Freiräume zur Unterstützung von Kalkulation/Vertrieb und zur Eruierung von Sonderlösungen haben wird. Eine Digitalisierung der Beschaffung erhöht massiv die Transparenz und wirkt Maverick-Buying entgegen. Eines unserer Ziele als Einkäufer ist ein valider Überblick über Umsätze und Beschaffungspotenzial für eine bessere Ausgangsposition bei den Jahresverhandlungen. Dadurch, dass wir warengruppenweise die Lieferanten auswählen und die Lieferkonditionen aushandeln, behalten wir die Kontrolle und legen den Rahmen für die eigenverantwortliche Beschaffung fest. Durch integriertes Reporting ist jederzeit ein steuernder Eingriff möglich, um zum Beispiel Bedarfe zu lenken und dadurch vereinbarte Bonusstufen bei den Rahmenvertragslieferanten zu erreichen, die massiv zur Kostenreduktion beitragen können.
Die Konsolidierung der Lieferantenzahl geht in der Regel mit weniger Einzellieferungen einher und erhöht insgesamt die Prozesseffizienz. Durch eine Verknüpfung mit dem ERP-System liegen die Einkaufsdaten auch sofort in den anderen Geschäftsbereichen (z.B. in der Finanzbuchhaltung) vor. Dadurch gibt es weniger überraschende Rechnungseingänge. Die Rechnungszuordnung kann durch die Digitalisierung weitgehend automatisch erfolgen und die Klärung offener Fragen wird beschleunigt. Dadurch wird meistens die Skontofrist eingehalten und der vereinbarte Skontoabzug genutzt. Natürlich müssen wir unsere Bedarfsträger befähigen und ihnen die Vorteile der elektronischen Beschaffung vermitteln, um das Projekt erfolgreich zu beenden. Dafür ist es unter anderem wichtig, Berechtigungen, Lieferanten- und Sortimentsauswahl sowie die Genehmigungsstruktur bereits im Vorfeld festzulegen und im System zu implementieren. Dadurch wird der Prozess gestrafft und die Prüfung von Bestellungen kann viel schneller erfolgen. Wir versprechen uns davon eine Prozesskostensenkung von über 30 Prozent. Die Digitalisierung zielt auf die Verbesserung der Prozesseffizienz und starke Reduktion von zeitraubenden Routinetätigkeiten, um unsere operativen Mitarbeiter zu entlasten und so Kapazitäten für stärker wertschöpfende Tätigkeiten zu schaffen. Mit unseren strategischen Lieferanten werden Rahmenverträge geschlossen, die einerseits Preiskonditionen und andererseits Produktbereiche betreffen. Nur die definierten Sortimente dieser Lieferanten stehen bei der Bestellung zur Verfügung, so dass Suche und Auswahl erleichtert werden. Darüber hinaus werden alle bestellrelevanten Informationen zum Sortiment und die Standardeinstellungen der Nutzer im Vorfeld gepflegt, so dass keine aufwändigen Eingaben mehr notwendig sind. Dies betrifft zum Beispiel Kontierungen und Lieferadressen. Dadurch kann auch jederzeit ein aktuelles Reporting erstellt werden, was zusätzliche Transparenz schafft.

Empowerment passiert durch Begegnungen. Gibt es bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, die Sie persönlich beeinflusst haben?

Natürlich gibt es die. Von meinem Vater habe ich gelernt, dass immer die Person wichtig ist, die dir gerade gegenübersteht und diese deine ungeteilte Aufmerksamkeit verdient. Einige Lehrkräfte haben mich motiviert, wissbegierig zu bleiben, und viele Begegnungen im Laufe der Jahre waren sehr inspirierend für meine eigene Entwicklung. Von jeder Begegnung kann man etwas lernen, davon bin ich nach wie vor überzeugt.

„Sie als Frau…“, war das bisher in Ihrer Karriere ein Thema?

Ein großes Thema. Nach meinem erfolgreichen BWL-Studium Maschinenbau und mit einigen Jahren Berufserfahrung in unterschiedlichen Branchen war es nach der Elternzeit als Frau mit zwei kleinen Kindern dennoch fast unmöglich, eine Stelle zu finden. Diese war dann unterbezahlt und aufgrund von Schichtarbeit nicht wirklich familienfreundlich.

Was müssten Ihrer Meinung nach Entscheidungsträger und Politik tun, damit es mehr weibliche Führungskräfte im Einkauf gibt?

Da habe ich leider kein Patentrezept. Von Quoten halte ich persönlich nicht viel. Es wird wohl noch lange so bleiben, dass Frauen viel mehr leisten müssen, um wahrgenommen zu werden.

Welche Werte spielen in Ihrem Leben eine große Rolle?

Zuverlässigkeit, Toleranz und Zielstrebigkeit schätze ich sehr hoch.

Welche drei Eigenschaften beschreiben Sie am besten?

Ehrlichkeit, Fleiß und Durchhaltevermögen, sagen meine Kolleginnen und Kollegen.

Sind Sie jemand, der mehr nach dem Kopf oder dem Gefühl entscheidet?

Ich bin ein analytischer Kopfmensch. Meine Gefühle gehören überwiegend meiner Familie. Entscheidungen sollten dennoch mit Empathie getroffen werden.

Was war Ihr bisher größtes Abenteuer?

Mit jedem neuen Projekt lote ich Grenzen aus und verlasse meine Komfortzone. Das größte persönliche Abenteuer war jedoch die Gründung meiner Familie, auf die ich unheimlich stolz bin.

Was planen Sie für das nächste Jahr?

Nach erfolgreicher Digitalisierung des Einkaufs mittels SRM-Einführung ist es auch international notwendig, die ESG-Themen in unsere tägliche Arbeit zu integrieren, um einen Unterschied zu machen. Diesen Weg mit unseren Kunden und Lieferanten gemeinsam zu gehen, wird enorme Anstrengungen erfordern und sicher spannend.

Zum Abschluss: Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern mitteilen möchten, insbesondere anderen Frauen, die im Einkauf erfolgreich sein wollen?

Netzwerken ist sehr hilfreich, das habe ich erst im Laufe der Jahre gelernt. Ich finde, eigenes Wissen und Können sollte immer kritisch hinterfragt werden. Wissen muss permanent erarbeitet werden und die besten Geschäftsbeziehungen und Verträge sind immer die, die allen Parteien nutzen. Die Zusammenarbeit zwischen „alten Hasen“ und „jungen Hüpfern“ kann sehr erfolgreich sein, wenn diese sich gegenseitig respektieren und einander zuhören. Das gilt geschlechtsneutral. Einkauf ist spannend und ich wünsche allen Kollegen und Kolleginnen viel Erfolg und Freude bei der Arbeit.

Kurzprofil:

Ich arbeite als Category-Managerin mit IT-Expertise und Leiterin der Digitalisierungsprojekte bei der KAEFER Industrie GmbH. Die KAEFER Industrie GmbH ist Experte für fachgerechte Isolierungen und die Beschichtung von Oberflächen. Auch Brandschutz und Gerüstbau sind Kernkompetenzen, neben dem Rückbau von Atomkraftwerken. Das Unternehmen hat über 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sitzt in Bremen.

Foto: Ines Hoffmann

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Bei Fragen steht unsere Kollegin Lu-Sophie Höflein (lu-sophie.hoeflein@bme.de) gerne zur Verfügung.