Miriam Tomforde
Position: Leiterin Einkauf
Unternehmen: Hamburger Sparkasse
Was hat Sie in den Einkauf geführt?
Nach vielen Stationen bei Finanzdienstleistern und einer Unternehmensberatung in Vertrieb, Projekten und Strategie hat mein Chef mich als Führungskraft für den Einkauf entdeckt. Als Quereinsteigerin hat mich zunächst die Rolle als Führungskraft für ein hoch motiviertes und leistungsstarkes Team gereizt. Dank des Einblicks in sämtliche Projekte und Themen des Unternehmens und einiger strategischer eigener Projekte im Einkauf ist mir noch keinen Tag langweilig geworden.
Als Führungskraft im Einkauf haben Sie sicherlich eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten. Bitte beschreiben Sie uns Ihren Verantwortungsbereich oder Projekte, an denen Sie derzeit arbeiten.
Meine Hauptaufgabe liegt in der Führung des Einkaufsteams und der Weiterentwicklung des Einkaufs in Gänze. Als Sparringspartnerin der Kolleginnen und Kollegen konnte ich viele Projekte begleiten, wie die Einführung unseres Einkaufssystems Willma (von Onventis), der Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes und der Neugestaltung des Vertragsmanagements. Weitere Schwerpunkte sind für mich der Energieeinkauf und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen und regulatorischen Fragestellungen, die Positionierung des Einkaufs als Marke im Unternehmen und seit Neuestem die Teilprojektleitung in unserem Projekt zum Umzug in eine neue Firmenzentrale.
Empowerment passiert durch Begegnungen. Gibt es bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, die Sie persönlich beeinflusst haben?
Klar! Es gibt für mich ganz viele prägende Menschen in meinem Umfeld, die mich begleitet, gechallenged und entwickelt haben. Ich hatte in letzter Zeit sowohl Glück als auch ein glückliches Händchen, was mein Umfeld angeht, und konnte dadurch stark wachsen. Ich umgebe mich gern mit interessanten und inspirierenden Menschen, etwa im Freundes- und Kollegenkreis, in Netzwerken, auf Social Media oder in Büchern. Meine Jobsharing-Partnerin Tanja ist aktuell sicherlich einer der größten Bausteine. Wir haben echt einiges erlebt in den zwei Jahren Jobsharing – viele Highlights, aber leider auch einige Rückschläge. Dabei haben wir uns immer wieder gegenseitig den Rücken freigehalten, uns gepusht, hinterfragt - und hatten vor allem unheimlich viel Spaß an der gemeinsamen Arbeit.
„Sie als Frau…“, war das bisher in Ihrer Karriere ein Thema?
Nicht nur einmal wurde ich in einem Jobinterview gefragt, ob ich in Kürze Nachwuchs plane – das beschäftigt mich bis heute noch und macht mich wütend. Ich habe schon oft in eher männlich geprägten Arbeitsumfeldern gearbeitet und das bringt immer Vor- und Nachteile mit sich. Ich habe schnell entschieden, dass ich mich nicht anpasse, sondern gezielt auf meine Stärken setze, die zum Teil sehr weiblich geprägt sind: Empathie, Begeisterungsfähigkeit und Kreativität sind zum Beispiel wundervolle Differenzierungsmerkmale.
Welche Hürden und Herausforderungen sind Ihnen im Laufe Ihrer Karriere begegnet?
Da gibt es sicherlich einige. Mir fällt spontan ein, dass ich in stark hierarchischen Strukturen mein Potenzial nicht entfalten kann. Es gab ein paar Stationen in meinem Arbeitsleben, die von starren Berichtswegen, Kontrolle und komplexen Strukturen geprägt waren. Da habe ich schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass die Arbeit weniger Spaß macht, ich nicht gehört werde und nicht die Leistung bringen kann, die ich von mir erwarte. Da blieb immer nur eine Lösung: Getreu dem Motto „Love it, change it or leave it“ war ich meist nach kurzer Zeit in einem neuen Job zu finden.
Welche Werte spielen in Ihrem Leben eine große Rolle?
Puh, das ist eine sehr tiefgründige und persönliche Frage. Ich habe mich schon oft und intensiv mit dem Thema Werte beschäftigt und auch im Einkaufsteam haben wir uns damit auseinandergesetzt. Ein besonders wichtiger Wert ist für mich die Liebe – zu Menschen, zu meinem Job und zum Leben. Was ich mache, mache ich von ganzem Herzen und zu hundert Prozent. Ich kann mir nicht vorstellen, Abstriche zu machen und nur von Freitag bis Sonntag oder nur im Urlaub wirklich glücklich zu sein.
Was würden Sie sich in puncto Frauenförderung von Entscheidungsträgern und der Politik wünschen?
Ich wünsche mir grundsätzlich ein Umdenken, was Rollenbilder angeht, die gelebt und gedacht werden. Warum werde ich im Bewerbungsgespräch gefragt, ob ich bald Kinder bekommen möchte? Warum grenzt es für mich an ein Wunder, wenn ich höre, dass eine werdende Mutter in eine Führungsposition befördert wird? Ich lese Studien darüber, dass Führungskräfte Frauen mit Kindern als weniger engagiert einschätzen. Ich habe noch nicht gehört, dass jemals ein Mann als „Rabenvater“, „Karrieremann“ oder „Powermann“ bezeichnet wurde. Das sind nur ein paar Beispiele, die mir zeigen, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben.
Wären mehr Führungspositionen in Teilzeit wünschenswert, um mehr Frauen auf C-Level im Einkauf zu haben?
Bei uns in der Hamburger Sparkasse wird jede Position in Vollzeit, in Teilzeit und als Jobsharing-Modell ausgeschrieben. Das finde ich großartig und ich bin überzeugt, dass diese Möglichkeiten ein Teil der Lösung sind. Meine Kollegin und ich wären keine Führungskräfte im Einkauf, wenn es das Jobsharing-Modell nicht geben würde.
Was war bisher ihr größtes Abenteuer?
Bevor das hier zu sehr ausartet, bleibe ich mal im beruflichen Umfeld. Mein Start im Einkauf war definitiv abenteuerlich. Die erste Führungsposition in einem komplett neuen Themenfeld und das mitten in der Corona-Pandemie inklusive Remote-Führung, Remote-Verhandlungen, Krisenstäben, Umstrukturierung der Abteilung, Personalabbau, Einführung eines neuen Einkaufssystems, Regulatorik und diversen Projekten. Ich formuliere es mal positiv: Jetzt kann mich nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringen. Das war auf jeden Fall eine wilde Zeit und habe nicht nur einmal meine Lebensentscheidungen hinterfragt… Dafür wurde ich aber mehr als belohnt mit einigen Learnings, einem Job, den ich liebe und einem der spannendsten Jobs in unserem Unternehmen. Das möchte ich nicht missen.
Was planen Sie für das nächste Jahr?
Für den Einkauf stehen große Themen an. Ein Fokus ist die Weiterentwicklung im Hinblick auf nachhaltige Beschaffung, bei der die Umsetzung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes nur ein Teilbereich im Jahr 2023 ist. Unser 2022 eingeführtes Einkaufssystem wird dieses Jahr verbessert, ausgebaut und richtig mit Leben gefüllt. Und natürlich beschäftigen uns die großen Projekte der Bank. Der Einkauf ist immer auch ein Sprungbrett in unserem Unternehmen. So wurden ein Kollege und ich kürzlich Teilprojektleitungen für eines unserer größten Projekte „HaspaONE“ zum Einzug in unsere neue Unternehmenszentrale. Das wird mich persönlich noch bis ins nächste Jahr intensiv beschäftigen.
Zum Abschluss: Was würden Sie Frauen, die im Einkauf erfolgreich sein wollen, gerne mit auf den Weg geben?
Stärken stärken – das ist mein Führungscredo. Wir sind als Frauen in der Lage uns auch mal in andere Rollen zu versetzen, uns anzupassen oder zurückzunehmen. Langfristig werden wir damit allerdings nicht glücklich. Es ist wichtig, die eigenen Ressourcen genau zu kennen. Dazu gehören die Werte, die Stärken, das Netzwerk und vieles mehr. Wenn man das verstanden hat, dann ist man mit dem erfolgreich, was einen wirklich auszeichnet. Wenn ihr einen Tipp braucht oder euch austauschen möchtet, sprecht mich gern an.
Kurzprofil:
Ich leite seit 2020 den Einkauf der Hamburger Sparkasse mit Tanja Punnanchira im Jobsharing. Wir verantworten ein Einkaufsvolumen von zirka 300 Millionen Euro und sind mit etwa 15 Personen überwiegend im indirekten Einkauf tätig. Neben der strategischen und taktischen Einkaufsarbeit brenne ich besonders für die Führungsarbeit und die Weiterentwicklung des Einkaufs im Hinblick auf nachhaltige Beschaffung und die Positionierung als Marke im Unternehmen. Die Haspa ist die größte deutsche Sparkasse mit ca. 57 Mrd. EUR Bilanzsumme und mehr als 1,5 Mio. Kundinnen und Kunden. Wir bieten Privatpersonen sowie Unternehmen Finanzdienstleistungen digital und in über 100 Filialen in der Metropolregion Hamburg an.
Foto: Miriam Tomforde
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