Stefanie Lang
Position: Leiterin Zentraleinkauf
Unternehmen: ZECH Hochbau AG
Wie sind Sie dazu gekommen im Einkauf zu arbeiten?
Das war Zufall. Ich hatte vor meiner Zeit im Einkauf eher einen technischen Fokus. Mich reizte jedoch das Anforderungsprofil der Einkaufsleitung und hier insbesondere die Vielseitigkeit der Aufgaben und Verantwortlichkeiten.
Als Führungskraft im Einkauf haben Sie sicherlich eine Vielzahl von Verantwortlichkeiten. Könnten Sie uns einen Einblick in Ihren Verantwortungsbereich geben und welche besonderen Aufgaben oder Projekte Sie derzeit bearbeiten?
Die ZECH Hochbau AG ist als Teil der ZECH Gruppe mit einer hochkomplexen Prozess- und Toollandschaft konfrontiert, deren Harmonisierung und Digitalisierung ein mehrjähriges und sehr herausforderndes Projekt darstellt. Daneben stellen das Thema der Nachhaltigkeit und die Herausforderungen der Umsetzung des LKSG einen weiteren aktuellen Schwerpunkt meiner Tätigkeit dar. Das Thema Nachhaltigkeit in seiner Komplexität liegt mir als Mutter und Führungskraft junger Mitarbeiter besonders am Herzen. Nachhaltigkeit beschränkt sich eben nicht auf Umwelt- oder Klimaschutz sondern bedeutet, „die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht eingeschränkt werden.“ Antworten auf die damit verbundenen komplexen Fragestellungen zu finden wird das Berufsleben in den kommenden Jahren begleiten.
Empowerment passiert durch Begegnungen. Gibt es bestimmte Vorbilder oder Inspirationsquellen, die Sie persönlich beeinflusst haben?
Ich hatte das Glück an verschiedenen Punkten meiner Karriere positive Vorbilder und Mentoren zu haben, die mir wertvolle Inspirationen geliefert haben. Daher freue ich mich, dass verschiedenste Mentorenprogramme mittlerweile zur Selbstverständlichkeit in den Unternehmen werden und freue mich immer, wenn ich junge Mitarbeiter:innen auf ihrem Weg unterstützen kann.
„Sie als Frau…“, war das bisher in Ihrer Karriere ein Thema?
Ein Thema schon, aber nicht zwingend ein negatives. Eine Frau mit zwei Kindern zu sein, die parallel dazu auch eine Karriere verfolgt ist zunächst einmal eine große persönliche Herausforderung. Hier habe ich aber in meinem beruflichen, von männlichen Kollegen geprägten Umfeld, auch viel Unterstützung erfahren, für die ich bis heute sehr dankbar bin. Gleichzeitig ist mir bewusst, dass dies nicht die Norm ist und auch ich hatte gelegentlich mit Vorurteilen zu kämpfen. Auch begegnen mir leider auch immer wieder negative Beispiele, wo junge Frauen sehr um Gleichberechtigung im beruflichen Umfeld kämpfen müssen.
Welche Hürden und Herausforderungen sind Ihnen im Laufe Ihrer Karriere begegnet?
Die vielzitierte Vereinbarkeit von Beruf und Karriere ist eine Herausforderung, für die mir im Vorhinein offen gestanden jegliche Vorstellung gefehlt hat. Mit der Einstellung, dass das ja nun schon viele Frauen gemeistert haben, bin ich hochmotiviert auch an dieses Thema herangegangen. Um festzustellen, dass die präzise geplante Ganztagesbetreuung für die Kinder zusammenbricht, sobald ein Glied in der Kette aufgrund von Krankheit, Urlaub oder sonstiger Umstände nachgibt und das Improvisationstalent und soziale Umfeld gefragt sind. Dabei hatte ich das Glück, ein sehr belastbares soziales Umfeld zu haben sowie verständnisvolle Vorgesetzte, Mitarbeiter und Kollegen. Insgesamt musste ich lernen, Kompromisse einzugehen und gegen das beständige Gefühl kämpfen, beiden Seiten nicht einhundertprozentig gerecht zu werden.
Rückblickend bin ich sehr dankbar, die Chance auf ein ausgefülltes Familienleben und gleichzeitig eine Karriere gehabt zu haben und würde diesen Weg immer wieder beschreiten.
Welche Werte spielen in Ihrem Leben eine große Rolle?
Integrität, Gerechtigkeit und Loyalität sind die Werte, die mir bei dieser Frage ganz spontan als erstes in den Sinn kommen. Gleichzeitig spielt der partnerschaftliche, transparente und faire Umgang mit allen Stakeholdern insbesondere im Einkaufsumfeld eine erfolgsentscheidende Rolle.
Was würden Sie sich in punkto Frauenförderung von Entscheidungsträgern und der Politik wünschen?
Nach dem Vorbild von Skandinavien beispielsweise, wünsche ich mir eine gesicherte und durchgängige Kinderbetreuung, die den Müttern und Vätern die Berufstätigkeit nach ihren eigenen Vorstellungen ermöglicht. Gleichzeitig haben wir auch im Wertesystem unserer Gesellschaft noch einen weiten Weg zu gehen, dass die Vollzeit berufstätige weibliche Führungskraft mit Kindern zur Normalität wird und nicht die Ausnahme bleibt und gleichzeitig der kinderbetreuende Vater auf dem Spielplatz kein Exot ist.
Würden Sie sich mehr Führungspositionen in Teilzeit im Einkauf als sinnvoll empfinden, um mehr Frauen auf C-Level zu bringen?
Diese Frage würde ich abschichten. Ich halte Führungspositionen in Teilzeit, egal ob im Einkauf oder jedem anderen Berufsfeld für überaus sinnvoll und förderungswürdig. Dies mag einer der Wege sein, Frauen auf C-Level zu bringen, aber sicherlich nicht der Einzige. Wie oben bereits angeführt, ist das Wertesystem der Gesellschaft aus meiner Sicht ein entscheidender Faktor hierfür.
Was war bisher ihr größtes Abenteuer?
Oh, ich bin ein abenteuerlustiger Mensch und liebe es, fremde Kulturen zu entdecken. Besonders abenteuerlich waren beispielsweise eine Safari in Tansania, eine einwöchige Trekkingtour durch den Norden Thailands, verschiedene Tauchtouren oder der Camino des francés, ohne dass dies eine abschließende Aufzählung wäre.
Was planen Sie für das nächste Jahr?
Ich kann versprechen, dass es spannend bleibt, sowohl beruflich als auch privat und ich mich bereits jetzt sehr auf das nächste Jahr freue.
Zum Abschluss: Gibt es noch etwas, das Sie unseren Lesern mitteilen möchten, insbesondere anderen Frauen, die im Einkauf erfolgreich sein wollen?
Das Wichtigste ist es, Freude am Leben und an der Arbeit zu haben, dass gilt für alle gleichermaßen! Sucht euch Rollen und Aufgaben, die euch begeistern, und herausfordern sowie ein soziales und berufliches Umfeld, was euch unterstützt, fördert und Zufriedenheit bereitet.
Kurzprofil:
Ich leite den Zentraleinkauf bei der ZECH Hochbau AG, ein Stuttgarter Bauunternehmen, das auf schlüsselfertige Großprojekte spezialisiert ist. Dabei gehören Planung, Bau und Betrieb von Bürogebäuden, Kliniken, Sport- und Eventstätten, Hotels, Justizvollzugsanstalten und Verwaltungsgebäuden zu den Projekten. Ich arbeite seit zehn Jahren im Einkauf und bin seit einigen Jahren ehrenamtlich im BME-Bundesvorstand aktiv.
Foto: Stefanie Lang
Sie möchten mehr über die BME-Fraueninitiative erfahren?
Bei Fragen steht unsere Kollegin Lu-Sophie Höflein (lu-sophie.hoeflein@bme.de) gerne zur Verfügung.