Fachkräftemangel im Einkauf – Mythos oder Wahrheit?
„Der Fachkräftemangel hemmt den Einkauf“ – Ein Statement, das immer häufiger in Fachzeitschriften und in vielen Diskussionen zu hören ist. Doch ist das gefühlte Wahrheit oder bittere Realität? Diese Frage wurde mit Hilfe einer Umfrage der Hochschule München mit über 60 Teilnehmenden aus verschiedenen Branchen, Positionen und Unternehmensgrößen beantwortet. Es konnte klar festgestellt werden, dass ein Fachkräftemangel im Einkauf existiert, in manchen Tätigkeitsbereichen ergab sich eine Zustimmung von fast 80%. Gründe hierfür werden unter anderem im demographischen Wandel, der Globalisierung und der Digitalisierung gesehen. Konkret bedeutet dies die Alterung der Gesellschaft und gestiegene Anforderungen an Arbeitnehmer durch technologische Entwicklung. Auch jüngste Geschehnisse wie die Corona-Pandemie und deren Nachwirkungen, später auch der Russland-Ukraine-Krieg oder die Klimakrise, haben zur Verschärfung der Thematik des Fachkräftemangels beigetragen.
Branchenübergreifender Fachkräftemangel
Im Einkauf existiert ein Fachkräftemangel – unabhängig von Branchen oder Unternehmensgrößen. Schwerpunkt der Befragung waren Unternehmen der Metall-, Automobil- und Elektroindustrie sowie dem Handel als wichtiger Dienstleistungsbranche. Die Hälfte der Befragten (51,7%) waren in einem Unternehmen mit über 2500 Mitarbeitenden tätig, weitere 26,7% in solchen mit 500 bis 2500 Mitarbeitenden, während die restlichen 21,7% bei Unternehmen angestellt sind, die weniger als 500 Personen beschäftigen. Ein deutliches Ergebnis ist bei der Frage nach dem Tätigkeitsbereich der Teilnehmenden erkennbar: 81,7% Befragte sind im Einkauf tätig – so kann von einer hohen Realitätsnähe der Daten ausgegangen werden. Dass fast 65% der Befragten Personalverantwortung tragen, zeigt die hohe Relevanz des Themas.
Äußerung des Fachkräftemangels
Der Fachkräftemangel äußert sich in den Unternehmen in unterschiedlicher Intensität: 41,7% der Befragten geben an, dass ihr Unternehmen stark vom Fachkräftemangel im Einkauf betroffen ist. Ein weiteres knappes Fünftel empfindet, dass ihr Unternehmen sogar sehr stark vom Fachkräftemangel im Einkauf betroffen ist. Das bedeutet in der Praxis dann eine lange Suche nach Fachkräften, geringe Resonanz auf Stellenanzeigen, äußert sich aber in stark steigenden Gehältern und zunehmender Konkurrenz bei alternativen Stellenangeboten.
Weniger als 30% geben immerhin für ihr Unternehmen nur eine mittelmäßige Maßgeblichkeit an. Kein Problem erkennen nur knapp mehr als 10% der Befragten.
Most Wanted: Strategieprofis & Leitungspersonal
Dass dabei bestimmte Profile für größere Probleme sorgen als andere, zeigt die Tatsache, dass vor allem strategische Einkäufer (m/w/d) sowie mit deutlichem Abstand operative und leitende Mitarbeitende dringend gesucht werden – was wiederum mit der einleitenden Einschätzung korreliert, die Weiterentwicklung des Einkaufs sei ein Treiber des Fachkräftemangels.
Gegenmittel: Einkaufsspezifische Personalarbeit
Die Probleme sind also durchaus hausgemacht. Und wie sehen die Lösungen aus?
- Eine entsprechende Karriereplanung im strategischen Einkauf und einhergehend die Weiterbildung der Mitarbeiter sind zu fördern, um diese zu gewinnen und auch an das Unternehmen zu binden. Geeignete Formate für die Umsetzung der Weiterbildungen sind Elektronische Lernformate, Webinare über Portale, Workshops sowie Präsenztrainings.
- Die Attraktivität des Einkaufs ist schon in der Stellenausschreibung und beim Bewerbungsgespräch deutlich zu machen.
- Die Auswahl geeigneter Recruitingkanäle sollte differenziert für verschiedene Zielgruppen getroffen werden.
Fazit
Fachkräftemangel im Einkauf – eine unangenehme Wahrheit, zumal auch die Hochschulen hier kurzfristig kaum Abhilfe schaffen werden. So bleibt es eine gemeinschaftliche Aufgabe aller im oder für den Einkauf arbeitenden, den Nachwuchs oder Quereinsteiger für das Tätigkeitsfeld zu interessieren – oder gar begeistern.
Autorenteam: Julia Burgdorf, Julia Müller und Luis Cakir
Die Studie wurden im Rahmen des Moduls „Führung im Einkauf“ bei Prof. Dr. Florian C. Kleemann im Master-Studiengang „Digital Sustainable Procurement & Supply Management“ erhoben.
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Bildquelle: Pixabay
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