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Karriere in der öffentlichen Beschaffung

Manuela Haddadzadeh ist seit 2001 Einkaufsleiterin beim Norddeutschen Rundfunk (NDR). Im Interview erzählt Sie uns unter anderem, welchen Herausforderungen sie sich als Einkaufsleiterin stellt. Frau Haddadzadeh geht insbesondere auf das Thema Frauen im Einkauf ein und erzählt uns von den verschiedenen „Sprachen“, welche eine Einkaufsleiter/in sprechen sollte. Die Fragen stellte BME-JobSource.
Veröffentlicht am 21.10.2020
Seit wann sind Sie für den Norddeutschen Rundfunk und im Einkauf tätig?

Ich habe direkt nach dem Studium beim NDR angefangen. Dort habe ich mehrere verschiedene Jobs gemacht, unter anderem habe ich sechs Jahre lang die Lizenzabteilung geführt. Unter „Lizenzen“ fällt all das, was der NDR an Programmen einkauft. Dazu gehören zum Beispiel Filmausschnitte, Drehbücher, und Schauspielverträge und so weiter. Während dieser Position wurde mir die Leitung der Abteilung Einkauf und Logistik angeboten. Das mache ich seit 2001.  

Was bedeutet Einkauf für Sie? Was waren positive oder negative Erfahrungen?

Einkauf bedeutet für mich eine sehr große Bandbreite von Waren, Warengruppen und Dienstleistungen, die wir für den NDR beschaffen. Der NDR ist eine Vier-Länder-Anstalt. Das bedeutet, dass unser Team für die Bundesländer Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern zuständig ist. Ich finde es jeden Tag aufs Neue enorm interessant, welch große Bandbreite wir hier beschaffen. Die Waren und Warengruppen im Bereich des Broadcast, also Hörfunk- und Fernsehtechnik, und in der IT verändern sich stetig. Es ist also nie das Gleiche.
Eine negative Erfahrung habe ich bisher nicht gemacht. Aber eine große Veränderung war, dass der NDR im Jahr 2007 zum Öffentlichen Auftraggeber wurde. Das heißt, wir mussten im Einkauf komplett alle Abläufe und Verfahren der Beschaffung auf öffentliche Ausschreibungen, europaweite Ausschreibungen mit Anwendung von VGV, VOL und VOB umstellen. In dem Zusammenhang mussten wir dann zum Beispiel auch Mitarbeiter*innen schulen, uns Wissen zum Vergaberecht aneignen, jedes Formular ändern. Das war einfach ein unglaublicher Kraftakt. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch nicht, ob ich alle Mitarbeiter*innen im Einkauf halten kann. Einigen war es zum Beispiel zu bürokratisch, alles europaweit auszuschreiben. Glücklicherweise sind dennoch alle dabei geblieben.

Erfolgreich im Einkauf auf Umwegen

Wie kamen Sie auf den Bereich Einkauf und was bereitet Ihnen besonders Freude an Ihrem Job?

Auf den Bereich Einkauf kam ich auf Umwegen. Ich habe in Hamburg BWL studiert, mit Schwerpunkt Handelsbetriebslehre. Durch meine Arbeit in der Lizenzabteilung des NDR, bei der ich auch Verhandlungen mit Fernsehlieferanten führen musste, wurde ich gefragt, ob ich die Abteilung Einkauf & Logistik leiten wolle. Diese Herausforderung fand ich sehr gut und habe sie daher angenommen.

Was beschaffen Sie konkret für den Norddeutschen Rundfunk?

Wir beschaffen Dinge wie Büromaterial, Büro- und Geschäftsausstattung (Möbel und Fahrzeuge), die Ausstattung für Neubauten, Umbaumaßnahmen und alles, was Facility Management und Bauunterhalt betrifft. Außerdem kaufen wir den rundfunkspezifischen Teil ein, also alles, was zum Broadcast gehört (Studio, Kamera, Satelliten, Sender). Wir beauftragen aber auch sogenannte Kreativleistungen, nämlich Musikforschung, Fernsehforschung, Veranstaltungsagenturen und Nachrichtenagenturen, sowie all die dazugehörigen Verträge. Im Bereich IT ist es neben der klassischen Hardware und Software für Büroausstattung – auch das, was für Hörfunk, Fernsehen und Online benötigt wird.

Wo gibt es klar erkennbare Unterschiede, wenn man sich die Arten der Beschaffung ansieht?

Zum einen ist es die Bandbreite der Waren und Dienstleistungen. Wir müssen uns sowohl im IT-Sektor mit den gängigen IT-Firmen und Produkten für die Fernsehproduktion auskennen wie auch mit denen in der Baubranche. Wir müssen zum Beispiel jederzeit wissen, wie sich die Baubranche entwickelt. Wir haben sehr unterschiedliche Märkte im Blick. Das ist vielleicht auch der Unterschied zu einer monothematischen Beschaffung, wo es nur eine Warengruppe für die Produktion in einem Unternehmen zu beschaffen gibt. Momentan haben wir mehrere Strukturprojekte in der ARD, bei denen wir noch intensiver zusammenarbeiten durch Lead Buyer Konzepte. Diese ganzen Strukturprojekte sind momentane tägliche Herausforderungen.

Der Einkauf als „sexy“ Job

Würden Sie jungen Absolventen den Bereich Einkauf empfehlen?

Heutzutage würde ich jungen Absolventen den Einkauf mehr denn je empfehlen. Damals, als ich von der Uni kam, war der Einkauf nicht so „sexy“. Er hatte ein etwas angestaubtes Image. Heute ist dagegen klar erkennbar, was ein/e Einkäufer/in leistet, welchen Mehrwert er/sie in der gesamten Supply Chain bildet und dass ein/e Einkäufer/in heute nicht mehr nur das letzte Glied ist, das etwas beschaffen muss, sondern jemand, der bei Projekten von Anfang an mit am Tisch sitzt. Das ist ein enorm spannender Job.

Seit wann sind Sie bereits Mitglied beim BME und worin unterstützt der Verband Sie?

Ich bin seit 2001 beim BME, wie bereits mein Vorgänger in der NDR-Einkaufsleitung. Wichtig ist der Austausch untereinander und die Möglichkeit, sich zu vernetzen. Ebenfalls hilfreich sind die Weiterbildungsangebote des Verbandes.

„Sprachen", die eine Einkaufsleiterin unbedingt sprechen sollte

Was muss man als Einkaufsleiterin besonders beachten?

Als Einkaufsleiterin muss man natürlich die unterschiedlichen Märkte bedienen. Das heißt aber auch, dass ich unterschiedliche Mitarbeiter*innen, entsprechend finden muss, je nachdem welche Warengruppe sie bedienen. Der/die Einkäufer/in für die IT ist ein ganz anderer Typ als der/die Einkäufer/in für Agenturleistungen. Im Einkauf ist das etwas sehr Wichtiges. Der/Die Einkäufer/in soll sowohl die Sprache seiner/ihrer internen Kunden sprechen als auch auf dem Markt, auf dem er/sie tätig ist, eine gute Figur machen. Das muss man bei der Rekrutierung von Personal beachten. Ansonsten muss man fit sein und wach sein, agil arbeiten und sich den neuen Herausforderungen stellen können. Dazu gehören die internen Herausforderungen in den Fachabteilungen und ihren Bedürfnissen, aber auch die Herausforderungen der Marktentwicklung des Segmentes.

Welche Bedeutung hat für Sie das Thema „Frauen im Einkauf“?

Das Thema finde ich sehr wichtig. Der Einkauf im NDR ist sogar überproportional mit Frauen besetzt. Insgesamt sind wir sowohl von der Alters- als auch von der Geschlechterstruktur hervorragend aufgestellt. Das macht zum einen eine gute Mischung im Team aus, aber es gibt auch Eigenschaften, die Männer oder Frauen haben, die unterschiedlich besetzt sind für die Warengruppen, für die er/sie verantwortlich sind. Das finde ich sehr wichtig, weil eine Frau auf einem IT-Sektor zum Beispiel ganz anders agiert als ein Mann. Wenn man diese Mischung gut einsetzt und nutzt, hat das auch Vorteile im Hinblick darauf, zu welchem Preis und Bedingungen man etwas einkauft. Ein Beispiel dazu: Ich habe eine Mitarbeiterin eingestellt als sogenannte Junior-Einkäuferin. Neben Ihrer beruflichen Tätigkeit beim NDR hat sie ein betriebswirtschaftliches Studium absolviert, und ich habe sie intern zur Senior-Einkäuferin entwickelt. Da ich für den Sektor vorher keine Frau hatte, habe ich beschlossen: Dann bilde ich sie mir eben selbst aus. Letztendlich war es ein voller Erfolg und ich würde es jederzeit wieder so machen.

Wir bedanken uns für das Interview.

Manuela Haddadzadeh NDR - Norddeutscher Rundfunk
Leitung Abteilung Einkauf & Logistik

Foto: Manuela Haddadzadeh

 

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