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„Netzwerken ist heute wichtiger denn je“

Im Gespräch mit BME-JobSource erläutert BME-Mitglied und Gründerin Dr. Irène Kilubi, wie sich das Berufsbild im Einkauf wandelte und was sie an der jungen Generation im Einkauf begeistert.
Veröffentlicht am 04.09.2022
Gemäß der Prämisse „Nur der Wandel ist das Beständige": Wie haben sich während Ihrer Laufbahn die Anforderungen an Einkäufer:innen verändert?

Ich denke, dass heutzutage Flexibilität eine besonders wichtige Eigenschaft ist. Das betrifft nicht nur uns Einkäufer:innen, sondern den Arbeitsmarkt generell. Die Industrie ist schnelllebiger geworden, neue Technologien wie Blockchains, künstliche Intelligenz und Computerprogramme bringen immer wieder Änderungen mit sich, die vom Einzelnen getragen werden müssen. Die Bereitschaft zu lebenslangem Lernen und die Motivation, sich an stetig verändernde Prozesse anzupassen, sind heute wichtiger denn je. Einkäufer:innen arbeiten stärker an der Schnittstelle zu Innovation, sie müssen sich demzufolge nicht nur ein Lieferantennetzwerk aufbauen, sondern ganz im Sinne des Einkaufenden als Innovation Scout ein Innovationsnetzwerk aus vielen verschiedenen Stakeholdern aufbauen. Einkäufer:innen müssen unzählige Details im Blick haben und nutzen dazu natürlich moderne Technologien. Sie müssen nicht nur fachliches Wissen mitbringen, sondern auch zunehmend zu einem Technikspezialisten aufsteigen. Wir können heute beispielsweise noch gar nicht abschätzen, was das Thema „Künstliche Intelligenz“ uns noch bringen wird.

Gibt es auch etwas, das sich gar nicht verändert hat? Welche Schlüsselkompetenzen sind zum Beispiel auch heute noch relevant?

Hierzu zählt für mich eindeutig Fingerspitzengefühl. Wenn ich mit internationalen Lieferanten verhandele, dann muss ich mit Gefühl vorgehen. Oftmals stammen die Lieferanten aus anderen Kulturen und haben eine andere Art, mit Menschen umzugehen. Darauf muss ich gefasst sein und ich muss auch heute noch in der Lage sein, mich darauf einzulassen. Generell gehören gute Umgangsformen immer noch zu einer wichtigen Schlüsselkompetenz. Trotz aller Höflichkeit müssen gute Einkäufer:innen Ziele erreichen und diese gegenüber dem Lieferanten klar kommunizieren. Deshalb gehören eine gewisse Willensstärke und ein überzeugendes Auftreten weiterhin zur Schlüsselkompetenz guter Einkäufer:innen. Zusammenfassend kann ich sagen: Verhandlungsgeschick, der Umgang mit Zahlen und der notwendige Weitblick sind entscheidende Schlüsselkompetenzen.

Würden Sie sich etwas für den Berufsstand„Einkäufer:innen“ wünschen?

Ich für meinen Teil würde mir wünschen, dass dem Berufsstand „Einkäufer:innen“ eine größere strategische Bedeutung zukommt. Außerdem wäre für den Beruf des Einkaufsmanagers etwas mehr Anerkennung wünschenswert. Er ist sehr spannend und vielfältig. Wir sollten öfter die zahlreichen Entfaltungsmöglichkeiten aufzeigen, die dieses Berufsbild aufweist.

Was erhoffen Sie sich von der jungen Managergeneration, die nun von der Uni kommt? Welche Impulse kann die junge Generation setzen?

Ich erhoffe mir mehr Raum für Ideen und eine motivierende Atmosphäre. Ich denke, die junge Generation ist in der Lage, einen komplexen Wandel herbeizuführen. Nachhaltigkeit wird zu Recht immer bedeutender. Hier sehe ich die Stärken der jungen Generation. Sie sind unverbraucht, offen für Neues und können diesen Wandel herbeiführen.

Sie haben im Laufe Ihres Berufslebens viele Nachwuchskräfte begleitet. Welche Karriere-Tipps geben Sie jungen Talenten mit auf den Weg?

Es ist wichtig, dass die Nachwuchskräfte an sich und ihre Fähigkeiten glauben. Sie sollten dabei aber nicht überheblich oder gar arrogant werden, sondern auf dem Boden bleiben und auf Augenhöhe mit den Mitarbeitenden kommunizieren. Sie sollten immer ein klares Ziel vor Augen haben, das sie erreichen wollen, und genau das sollten sie klar und präzise kommunizieren. Im Karriere-Bereich ist oft die Rede von der „Extra-Meile“, die man gehen soll. Man kann nicht abstreiten, dass nur derjenige weiterkommt, der Initiative und Willen zeigt. Der, der etwas erreichen will und dafür auch etwas tut, stets dazulernt und sich immer weiterentwickelt. Stillstand ist im Grunde Rückschritt. Darum rate ich jungen Talenten niemals auf der Stelle zu treten, sondern ihren Horizont stets zu erweitern.

Nach welchen Kriterien haben Sie Ihre Nachwuchskräfte ausgewählt?

Ich habe, wie ich das so oft tue, auf mein Bauchgefühl gehört. Klar mussten die Nachwuchskräfte gewisse Qualifikationen mitbringen, die den Anforderungen der Stelle entsprachen, aber schlussendlich hat die finale Entscheidung nicht auf Noten oder Ähnlichem basiert. Sie mussten mich im Gespräch überzeugen und ein gutes Gefühl bei mir hinterlassen.

Der BME hat mit seiner Young-Professionals-Initiative ein eigenes Nachwuchsförderungsprogramm mit über 1.200 Studierenden und Berufseinsteigern. Sie selbst sind ebenfalls BME-Mitglied und seit vielen Jahren ehrenamtlich im Verband aktiv. Warum sollte man sich als Young Professional im BME engagieren?

Netzwerken ist heute wichtiger denn je. Durch den BME haben Young Professionals die Möglichkeit, sich mit anderen zu vernetzen. Das sollten sie auf jeden Fall nutzen. Außerdem ist ehrenamtliches Engagement gut für die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit.

Wir bedanken uns für das Interview.

 

Kurzvorstellung

Dr. Irène Kilubi hat als promovierte Wirtschaftsingenieurin und Unternehmensberaterin in ihrer Vita Unternehmen wie BMW, Deloitte und Amazon auf der Liste. Nach vielen Stationen folgt sie jetzt ihrer ganz persönlichen Leidenschaft und ist mit den Themen Community Building, Corporate Influencer Strategie und JOINT GENERATIONS unterwegs. Darüber hinaus ist sie als Expert Advisor für den European Innovation Council Accelerator der Europäischen Kommission tätig.

Bilder: Dr. Irène Kilubi