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Was macht einen guten Einkäufer aus?

BME-JobSource führte ein Interview mit Claus Müller, derzeit Leiter für den Fachbereich Einkauf und Zentrale Services bei prego services GmbH. Herr Müller verschafft uns einen Einblick über sämtliche mögliche Ausbildungswege im Bereich Einkauf und zeigt uns, auf welche Fähigkeiten es heutzutage wirklich ankommt.
Veröffentlicht am 27.11.2020
Herr Müller, welche berufliche Ausbildung haben Sie absolviert und wie kamen Sie schließlich auf den Bereich Einkauf?

Ich hatte zuerst eine technische Orientierung mit Studium zum Diplomingenieur Kunststofftechnik. Bei meinem ersten Arbeitgeber hatte ich u.a. eine Produktionsanlage zu betreuen und habe den Einkauf bei Investitionen unterstützt. Dadurch kam ich immer wieder mit Einkaufsthemen in Verbindung und fand dies sehr spannend. Später gab es eine Initiative des Arbeitgebers, die „Techniker im Einkauf“ hieß. Bei dieser Initiative wurden Projekteinkäufer für den Einkauf von Bauteilen und Werkzeugen gesucht. Diese Chance habe ich wahrgenommen. Ich bin jetzt seit 22 Jahren im Einkauf tätig, davon 18 Jahre in leitender Funktion.

Sie arbeiten bei der prego services GmbH. Was genau beschaffen Sie?

Wir sind ein Dienstleistungsunternehmen, welches im Energieversorgerbereich und im IT-Bereich tätig ist. Wir haben dadurch eine spannende Kombination, aber auch eine extreme Bandbreite an Warengruppen. Das geht von klassischen Energieversorgermaterialien (Kabel, Masten, Transformatoren und Beleuchtung) bis hin zu modernen Warengruppen in der IT (Hardware, Software).
Mindestens 40% unseres Einkaufsvolumen sind Dienstleistungen, stark projektbezogen. Das spannende bei der prego services GmbH ist, dass wir nicht nur den eigenen Bedarf abdecken, sondern auch für andere Gesellschaften. Somit haben wir eine hohe Komplexität durch ganz unterschiedliche Anforderungen und Spezifikationen. Hierbei die Synergieeffekte zu heben erfordert Kreativität.

Wann und aus welchen Gründen haben Sie sich letztlich dazu entschieden dem BME beizutreten?

Ich selbst kenne den BME schon seit über 20 Jahren. Schon früher arbeitete ich immer für Unternehmen, die beim BME Mitglied waren. Der BME bietet ein tolles Angebot an Schulungen und es lohnt sich auch wegen den qualitativ hohen Regionalveranstaltungen und den Vernetzungsmöglichkeiten.

Was macht Ihrer Meinung nach, einen guten Einkäufer aus? Durch welche Voraussetzungen und Fähigkeiten kann jeder Einkäufer zum Einkaufsleiter werden?

Einen guten Einkäufer zeichnen eine hohe soziale Kompetenz und ein klares analytisch-unternehmerisches Denken aus. Beide Komponenten sind extrem wichtig, wobei es letztlich die Mischung macht. Daraus resultiert ein souveränes Auftreten, jedoch ohne überheblich zu wirken. Für mich sind dies die Kernprinzipien, auf die ich achte, wenn ich jemanden neu einstelle.
Zu der Frage, welche Fähigkeiten ein Einkäufer haben sollte, um zum Einkaufsleiter zu werden, würde ich sagen, dass es besonders wichtig ist, ein Team integrativ führen zu können. Das heißt, dass er die Ziele eines Unternehmens verdeutlichen kann und er quasi trotzdem „immer dabei ist“. Er sollte sich nie ganz vom operativen Geschäft entfernen und somit ein Teil des Teams bleiben. Auch als Einkaufsleiter darf man nie aufhören, Neues dazuzulernen.  Er muss die Strategien und Erfolge des Einkaufs innerhalb des Unternehmens vermitteln können, quasi auch „Verkäufer“ sein.

Welche war die bisher lehrreichste Erfahrung während Ihrer Karrierelaufbahn? Warum?

Die lehrreichste Erfahrung war wohl, dass der vermeintlich beste Vertragsabschluss nicht immer auch der Erfolgreichste ist. Ein kleines Beispiel: Wenn ein Lieferant nach paar Monaten das Geschäft aufgibt, dann kostet die Verlagerung gegebenenfalls mehr als die gesamten Einsparungen gebracht hätten. Mittel- und langfristige Strategien zahlen sich definitiv aus, sind aber innerhalb eines Unternehmens nicht immer einfach umzusetzen.

Welche Aufgaben stehen bei Ihnen jeden Tag aufs Neue auf der To-do-Liste?

Abgesehen von Routinethemen in einem Unternehmen, ist kein Tag wie der andere. Ansonsten gibt es keine To-Do-Liste, da diese sich jeden Tag aufs Neue nach dem heutigen Geschehen richtet. Genau das macht den Einkauf spannend!

Wie gehen Sie mit Stresssituationen um? Wie mit Konflikten?

Ich gehe Konflikte immer aktiv an. Dabei achte ich darauf, dass es sach- und lösungsorientiert abläuft. Wenn Konflikte nur einseitig oder gar nicht gelöst werden, gibt es nur Verlierer. Wenn man an einer beidseitig akzeptierten Lösung arbeitet, reduziert das auch den Stress. Das ist nicht immer einfach, aber man sollte nie frühzeitig aufgeben.

Welchen Rat können Sie angehenden Einkaufsleitern geben? Welche Voraussetzungen / Führungsqualitäten dürfen nicht fehlen?

Zu aller erst: Mensch bleiben! Auch wenn die Unternehmensinteressen Vorrang haben, müssen Mitarbeiter und Lieferanten trotzdem mit erhobenem Haupt da sein dürfen. Dies garantiert ein gutes, langfristiges Miteinander und ermöglicht gute Ergebnisse und Erfolge im Einkauf. Führungsqualitäten dürfen selbstverständlich nicht fehlen. Eine gewisse Bestimmtheit und Klarheit beim Auftreten sollten gegeben sein. Ein Einkaufsleiter muss Vertrauen aufbauen können und integer sein. Ohne geht es nicht.

Welche Fähigkeiten sollte jeder angehende Einkaufsleiter mitbringen?

Ein angehender Einkaufsleiter sollte stets ein souveränes Auftreten haben und eine Vorbildfunktion übernehmen. Der Einkauf ist eine sehr wichtige Repräsentation des Unternehmens.
Außerdem sollte das Thema Nachhaltigkeit nie außer Acht gelassen werden. Hilfreich sind auch Fähigkeiten, wie Kreativität und Durchhaltevermögen. Man sollte nicht sofort aufgeben, wenn etwas mal nicht funktioniert.

Wie fördern Sie junge Talente? Worauf legen Sie besonders Wert?

Wir fördern junge Talente durch spezielle Lernprogramme, die intern wie extern angeboten werden. Außerdem möchten wir, dass der Verantwortungsbereich bei jungen Talenten systematisch gesteigert wird. Wir legen besonders viel Wert auf ein freundliches, seriöses Auftreten und eine klare Ausdrucksweise. Ebenfalls sollte ein strategisches Denken, wie auch ein kreatives Handeln erkennbar sein.

Wie motivieren Sie sich, wenn Sie mal einen schlechten Tag haben?

Ich trinke zuerst einen Kaffee mit den Kollegen und fange anschließend einfach erst mal mit den Aufgaben an, die gemacht werden müssen. Ich habe aber wirklich ganz selten einen schlechten Tag…da reicht meistens schon der Kaffee am Morgen.

Welchen Ausbildungsweg würden Sie Absolventen heute empfehlen, wenn sie anschließend gerne in dem Bereich Einkauf arbeiten möchten?

Der Einkauf ist seit Jahren stark im Wandel. Dabei entwickelt sich der Einkauf immer mehr zur internen Beratungs- und Managementintuition. Das heißt, dass man im Einkauf vielleicht nach wie vor gerne Kaufleute sieht, aber dass auch immer mehr technisch ausgebildete Mitarbeiter mit einer kaufmännischen Affinität gebraucht werden. Letztlich ist es so, dass die Aufgaben im Einkauf eines Unternehmens das Anforderungsprofil bestimmen. Ich finde außerdem, dass der Einkauf heute sicherlich auch ein gutes Gebiet für Quereinsteiger ist. Wie man so schön sagt: Es muss ein „Einkäufer-Gen“ vorhanden sein. Wir arbeiten heute auch mit Quereinsteigern, die von ganz unterschiedlichen Ausbildungsthemen kommen. Das Arbeiten mit Quereinsteigern hat sich bei uns als sehr erfolgreich erwiesen.

Wir bedanken uns für das Interview und die damit verbundenen Einblicke in die zahlreichen Einstiegsmöglichkeiten im Bereich Einkauf.

Foto: Claus Müller

 

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