Interview mit Kirstin Scholten

Position: Lehrstuhlinhaberin BWL insb. Supply Chain Management
Unternehmen: Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Kurzprofil:
Nach meiner Promotion im Jahr 2012 an der TU Dublin, Irland, war ich zunächst als Assistant Professorin und später als Associate Professorin im Department of Operations der Universität Groningen, Niederlande, tätig. Im März 2024 habe ich den neuen Lehrstuhl für Supply Chain Management an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf übernommen.
Im Fokus meiner Forschung stehen Risiken, die in den Beziehungen zwischen Organisationen in einer Lieferkette entstehen, und wie diese Risiken durch den Aufbau von Widerstandsfähigkeit (Resilienz) bewältigt werden können. Der Einkauf und die Zusammenarbeit mit Unternehmen in verschiedenen Sektoren sind dabei ebenfalls wesentliche Aspekte.
In meiner Lehre auf Bachelor- und Masterniveau möchte ich meinen Enthusiasmus für die spannenden Themenbereiche im Einkauf und Supply Chain Management mit den Studierenden teilen. Ich vermittle ihnen sowohl Theorie als auch Praxis, um die Managerinnen und Manager der Zukunft auszubilden.
Was würden Sie Frauen, die im wissenschaftlichen Bereich rund um Einkauf und Supply Chain erfolgreich sein wollen, gerne mit auf den Weg geben?
Versteckt euch nicht hinter eurer Arbeit, unsere männlichen Kollegen tun dies auch nicht! Steht für eure Meinung ein, folgt euren Träumen und erhaltet euch dabei die Freude am Lernen und Forschen!
Welche Hürden und Herausforderungen sind Ihnen im Laufe Ihrer Karriere begegnet?
Nach sechs Jahren Probezeit einen festen Vertrag in den Händen zu halten, war ein unglaublich gutes Gefühl. Der Weg dorthin war nicht immer einfach und die Unsicherheit meiner beruflichen Zukunft über so viele Jahre hat mich einige Male an meine Grenzen gebracht. Es fällt mir nach wie vor oft schwer zu akzeptieren, dass ich als weibliche Professorin anders von den Studierenden wahrgenommen werde als meine männlichen Kollegen beziehungsweise dass es andere Erwartungen an mich gibt. So musste ich lernen, dass es mir eher angekreidet wird, wenn ich nicht emphatisch genug bin, also dass ich nicht gut erklären kann; oder, dass man bei mir eher versucht, eine gegebene Note in Frage zu stellen.
Meine neueste Herausforderung besteht darin, meinem Beruf so nachzukommen, dass ich mit mir zufrieden bin und gleichzeitig meiner Tochter all das geben kann, was sie verdient. Obwohl ich einen recht flexiblen Job habe, ist dies angesichts der gegebenen Betreuungsstrukturen manchmal recht kniffelig.
Welches sind Ihre unverzichtbaren Bestandteile für den beruflichen Erfolg in der Wissenschaft?
Ausschlaggebend für den Erfolg in der Wissenschaft ist meiner Meinung nach, ein Themengebiet zu finden, für das man „brennt“. Mich persönlich motiviert es immens, täglich etwas Neues über Supply Chain Management zu lesen und zu lernen. Was ich lese und womit ich mich inhaltlich beschäftige, entscheide ich dabei selbst. Meinen Interessen entsprechend gestalte ich auch meine Forschungs- und Lehrprojekte. Um mit dieser Freiheit umgehen zu können, braucht es viel Neugierde, Eigenmotivation und Kreativität. Auch Durchhaltevermögen ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer akademischen Laufbahn. Veröffentlichungsprozesse können lange dauern (mein längster Veröffentlichungsprozess hat sich über fünf Jahre hingezogen) und frustrierend sein (viele Wege führen nach Rom).
Wie wichtig sind Ihrer Meinung nach Mentoring und Netzwerken für den beruflichen Aufstieg von Frauen, und wie unterstützen Sie diese Aktivitäten?
Ich halte Mentoring generell für sehr wichtig. Menschen lernen, kommunizieren und verhalten sich unterschiedlich, was in vorgegebenen Strukturen, wie zum Beispiel in einem Bewerbungsverfahren, oft nicht berücksichtigt wird. Es ist nicht nur für Frauen, sondern für Diversität am Arbeitsplatz entscheidend, dass wir Wege finden, um Vielfalt zu unterstützen und nicht durch rigide Strukturen aufzuhalten. Mentoring und Netzwerken sind wichtige Mittel, um sich bestehender Strukturen bewusst zu werden, sich darüber auszutauschen, den Umgang mit ihnen zu lernen sowie um Fragen zu stellen, für die man sonst vielleicht keine Antwort finden würde.
Ich bin sowohl in meiner Tätigkeit an der Universität als auch in der European Operations Management Society als Mentorin engagiert. Darüber hinaus habe ich mehrere Austausch- und Diskussionsrunden sowohl für forschende Frauen im Supply Chain Management als auch für weibliche BWL-Studierende organisiert.
Was war bisher ihr größter (beruflicher) Erfolg?
Der eine größte Erfolg fällt mir gar nicht ein. Jeder veröffentlichte Artikel, den jemand liest und von dem jemand etwas mitnehmen kann, ist für mich ein Erfolg. Ebenso wenn Studierende sich aufgrund meiner Vorlesung für Einkauf und Supply Chain Management interessieren oder wenn ich eine neue Idee für ein spannendes Forschungsprojekt habe, das Anklang bei Unternehmen findet. All das sind für mich berufliche Erfolge.
Foto: Kirstin Scholten
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